Haus des Gastes

Nebel auf Amrum

offener zweiphasiger Wettbewerb
mit Philipp Valente/Less Plus

2020



Ort

Das Haus des Gastes liegt an einem Schnittpunkt mehrerer Landschaftsformen der Insel Amrum. Es ist Teil des Ortsrandes von Nebel und liegt damit auf dem zentralen Geestrücken, der für Landwirtschaft und Siedlung genutzt wird.

Auf dem nördlichen Teil des Grundstücks wurden Bäume gepflanzt, wie es am westlichen Rand der Insel zur Holzbeschaffung und in der Nähe mancher Siedlungen zum Windschutz geschah. In unmittelbarer Nähe und durch einen Deich getrennt schließen die Salzwiesen an, die temporär vom Meer überflutet werden und schließlich ins Wattenmeer übergehen.


Konzept

Das Haus des Gastes wird den unmittelbaren Ort sowie den größeren Zusammenhang der Insel und des Meeres stärken und erlebbar machen.EsbefindetsichexaktamSchnittpunkt der beschriebenen Landschaftsformen: Siedlung und Ackerland, aufgeforsteter Wald und Marschland/Wattenmeer. Das Haus ordnet somit das Grundstück und schafft die Bezüge zur umgebenden Landschaft. Entsprechend der jeweiligen Maßstäbe sind diese Bezüge auf mehreren Ebenen angeordnet:

Die öffentlichen Nutzungen des Veranstaltungssaals und des Cafés beziehen sich auf das umgebende Dorf und die neu geschaffene Festwiese vor dem Haus. Sie fassen den Außenraum und beziehen ihn bei Bedarf in die Nutzung ein. Das Café vermittelt von innen (Dorf, Geborgenheit) nach außen (Wattenmeer, Gezeiten)

Die privateren Räume für Garderoben, Hausmeisterwohnung und DLRG werden im ersten Obergeschoss angeordnet und orientieren sich vornehmlich zum Park. Auch an sehr belebten Tagen ist ihnen so ein notwendiges Maß an Ungestörtheit sicher.
Der Leseraum ist zuoberst gelegen. Er schafft so einen seltenen öffentlichen Ort der Erhabenheit und stellt den Bezug her zur eindrucksvollen Weite des Wattenmeers.

Das Haus des Gastes schafft in dieser Form einen Ort mit doppelter Wirkung. Es schafft ihn lokal, indem es die Umgebung bestmöglich gliedert und die Besucher empfängt und es schafft ihn aus der Ferne, da es zum Orientierungspunkt wird und seiner Bedeutung eine angemessene Form gibt. Dadurch nimmt es seinen Platz ein in der Reihe der besonderen Gebäude der Insel: Kirche, Mühle und Leuchtturm.


Bau

Die typischen Häuser der Insel verdanken ihre Form den verfügbaren Baustoffen und den klimatischen Gegebenheiten. Das massive Mauerwerk weist eine notwendige Anzahl von kleineren Öffnungen auf und wird von einem mächtigen und weit heruntergezogenen Reetdach schützend bedeckt. In einer rauen Umgebung entstand so ein Typus von hoher Geborgenheit und Dauerhaftigkeit, der den Ort prägt.

Gleichwohl erfordert die öffentliche Funktion des Hauses des Gastes andere Eigenschaften und auch die bautechnischen Möglichkeiten bzw. Einschränkungen haben sich weiterentwickelt. Aus diesem Spannungsfeld zwischen Anknüpfung an die Umgebung und eigenem Stellenwert schafft das Haus des Gastes eine markante Konstruktion:

Es stülpt das traditionelle Friesenhaus gewissermaßen um, sodass die Massivität der Außenwände zur tragenden inneren Struktur wird und die äußere Haut stellenweise beinahe nicht existent ist. Die Materialität aus rötlich eingefärbtem Beton, Glas- und Reetflächen (nicht exponiert bzw. bewittert) verankert das Haus ohne plumpe Analogien am Ort, sein Ausdruck ist kraftvoll, leicht und optimistisch. In dieser Weise macht das Haus des Gastes die Landschaft gemeinschaftlich erlebbar.