Neubau eines Feuerwehrgerätehauses und eines Bauhofs

Eching

offener Wettbewerb
mit Philipp Valente/Less Plus und Ludivine Gragy

2020



"Kommunales Dach"

1 / Ort
Der Landschaftsraum des unteren Isartals ist im Bereich des Wettbewerbsgrundstücks geprägt von zahlreichen parallel in ost-westlicher Richtung verlaufender Elemente. Naturräumlich verlaufen nördlich die Isar und der Isarkanal, unmittelbar am südlichen Rand ist der Ort vom aufstrebenden Hangfuß des Inn-Isar-Hügellands begrenzt, der zudem dicht bewaldet ist.
Parallel zum Naturraum entstanden zahlreiche Verkehrswege wie die Autobahn 92 und die das Grundstück begrenzenden Straßen Bundestraße 11 und die Gemeindestraße Am Lenghardt.
All diese Elemente geben bereist eine starke räumliche Gliederung vor, in die sich das neue Gebäude stärkend einfügt.

2 / Raum
Die diversen Nutzungen werden unter einem großen Dach zusammengefasst, um den gemeinschaftlichen Charakter zu starken und aus den Fragmenten ein starkes Haus zu formen.
Der Gebäudekörper hat zunächst die Absicht, die bestehende räumliche Gliederung fortzuschreiben und zu stärken. Wesentlich sind in dieser Hinsicht die viel und schnell befahrene Bundesstraße sowie der sehr präsente Hangrücken. Durch die Situierung eines langgezogenen Volumens am nördlichen Rand des Grundstücks entsteht ein großzügiger und klar definierter Außenraum im Süden, der ein Optimum an Erschließung, Nutzbarkeit und Besonnung ermöglicht. Die großzügige Geste verankert das neue Gebäude im Raum, die innere Organisation gibt die passenden Antworten auf die recht unterschiedlichen Seiten. So schafft es eine prägnante Adresse und Identität für die gemeinschaftliche Arbeit und Zusammenkunft.

3 / Konzept
Die Form und Situierung des Baukörpers verfolgt zwei grundsätzliche Ziele:
Zum einen werden Rück- und Vorderseite klar definiert und jeweils für sich genutzt. Auf der nördlichen, der Bundesstraße zugewandten Seite, parken die Angestellten und Besucher. Die rauschende Bundesstraße erhält ein ruhiges Gegenüber, die Parkplätze liegen unter einem weit heruntergezogenen Dach und verschwinden so aus der Landschaft. Im Süden entsteht ein großzügiger Vorplatz, welcher wiederum von Hangrücken und Gebäudekörper gefasst ist. Gebäude und Hof sind hier stärker gegliedert und nehmen damit auch Bezug auf den nahen Siedlungskörper.
Die lineare Anordnung des Gebäudes ermöglicht eine optimale Organisation der zahlreichen unterschiedlichen Funktionen. Ohne Überschneidungen können diese genutzt werden und mit entsprechend dimensionierten Freiflächen versorgt werden.
Die größeren eingeschossigen Volumina mit den Hallen, Lager und Werkstätten besetzen die Enden des langen Gebäudes. Im Zentrum versammeln sich die kleinteiligeren Räume von Bauhof und Feuerwehr, sowie der Gartenbauverein.
Diese Zusammenführung und Bündelung ist zunächst ökonomisch hinsichtlich der gemeinsam nutzbaren Erschließung (Zugänge, Aufzug, Treppen). Vor allem werden so aber Gemeinschaft und Begegnung zentral gebündelt und weitestgehend vom Verkehr verschont. Pausen, Besprechungen, Schulungen und Mosten finden in räumlicher Nähe statt und nutzen gemeinsame Räume und den Biergarten-ähnlichen Außenbereich.
Zwei markante Hochpunkte markieren kontrapunktisch zum langen flachen Haus die Feuerwehr (ein Übungsturm mit Plattform) und den Bauhof (ein Streusalz-Silo). Sie verkörpern selbstbewusst die Bedeutung des Gebäudes für die Gemeinde und setzen einen Akzent in der Landschaft.

4 / Organisation
In der Ausarbeitung hat sich klar herausgestellt, dass die Anordnung der Feuerwehr im Westen und des Bauhofs im Osten große funktionale Vorteile bringt.
Die Grundstückstiefe nimmt Richtung Westen zu und ermöglicht der Feuerwehr so einen großzügigeren Außenbereich für eine reibungslose An- und Abfahrt.
Der Bauhof erhält eine eigene Zufahrt am östlichen Ende. Beide Erschließungen sind vollständig voneinander getrennt und kreuzen sich nicht. Ebenso ist der Verkehrsfluss von privaten Fahrzeugen und Bauhof- bzw. Einsatzfahrzeugen klar getrennt. Bei Bedarf sind jedoch auf beiden Gebäudeseiten/Kurzschlüsse möglich.
Die notwendigen Rampen verlaufen unauffällig im Gelände in den Bereichen, wo die Differenz zwischen Straßen und Baufeld am geringsten ist. Der bestehende Radweg kann unverändert verbleiben.

5 / Außenraum
Das Grundstück behält den ursprünglichen Geländeverlauf weitgehend. Die aufgeschütteten Straßen sind ein Charakteristikum des Ortes, die Höhendifferenz wird nur im Bereich der Zufahrten überwunden und ansonsten dazu genutzt, das große Volumen in der Landschaft einzubetten und den Ort zu fassen.
Die großen Hallen und Vorplätze werden mit einem durchgehenden Beton-Belag versehen, der an der Südseite durch unterschiedlichen Breiten eine dynamische Grenze markiert.
Eine Kiesfläche vor den gemeinschaftlich genutzten Räumen dient als Aufenthaltsfläche und Treffpunkt für alle. Die Baumbepflanzung übernimmt den das Grundstück säumenden Charakter, vereinzelt verwischen frei stehende Bäume den Übergang zum bewaldeten Hang.
An der Nordseite, dient ein langgezogener Kiesstreifen als Versickerungsfläche für das Dachwasser und die Entwässerung der Hofflächen. Der Streifen setzt das tiefe Dach und den Boden bei Regenwetter in Dialog. Die für Blicke durchlässige Einfriedung des Bauhofs übernimmt die Sprache des Holztragwerks und schafft einen sanften Filter aus Holzstäben. Durch geschickte Anordnung ist nur wenig Zaun nötig. Dieser ist auf dem großen Hofraum lediglich in Form eines Tores sichtbar, das nur außerhalb der Betriebszeit geschlossen bleiben muss.
An der Ostseite des Grundstücks wird die Ruderalvegetation von der Bundestraße weitergezogen und bildet eine ökologisch wertvolle Hecke.

6 / Konstruktion
Das Gebäude wird vorwiegend aus Holz konstruiert sein. Dies ist ein notwendiges Statement der Gemeinde zur Nachhaltigkeit und wird ihr größtes Gebäude zu einem Aushängeschild machen.
Unter dem großen gemeinsamen Dach können die vielfältigen Nutzungen gut organisiert und zukünftig bei verändertem Bedarf leicht angepasst werden.
Der Luxus der verborgenen bzw. wettergeschützten Parkflächen wird mit sehr einfachen Mitteln erreicht. Der dadurch gewonnene Raum könnte zukünftig bei akutem Bedarf auch anderweitig genutzt werden, ohne neu bauen zu müssen.
Die vielfach für größere Gebäude im ländlichen Raum erprobte Bauweise mit Nagelplattenbindern bildet die Grundlage für ein ökonomisches und dauerhaft flexibles Gebäude. Da heimische und preiswerte Hölzer verbaut werden können, ist eine lokale Wertschöpfung möglich. Gleichzeitig können in einem System unterschiedliche Spannweiten und Formen realisiert werden. Der raue Ausdruck passt dabei zu einem Gebäude, in dem geparkt und gearbeitet wird, Feinheit und konstruktive Ornamentik werten es aber gleichermaßen auf und schaffen im Zusammenspiel mit dem kleinteiligeren Ausbau einen attraktiven Arbeits- und Versammlungsort.
Für die Fassaden kommen Beton-Fertigteile (als Anprallschutz), Profilglas und Holzschalungen zum Einsatz. Sie stellen den Übergang vom großflächigen Boden zum feingliedrigen Dach her und reagieren auf die verschiedenen Nutzungen mit individuellen Anpassungen.
Im Inneren bestehen die Böden aus geglätteten Bodenplatten bzw. Estrichen und mit Holz verkleideten Wänden. Die Materialität ist dauerhaft im Gebrauch und hochwertig im Ausdruck.

7 / Nachhaltigkeit
Die vorgeschlagene Holzbauweise ist grundsätzlich schon sehr ökologisch wegen der geringen Menge an verbauter Energie. Die vorgeschlagene Konstruktion minimiert diese weiter durch die Reduzierung von industriell aufbereiteten Holzwerkstoffen.
Durch die einfache, gleichmäßige und großzügige Konstruktion sind Wartung und zukünftige (Teil-) Umnutzungen unkompliziert durchzuführen, was eine lange Lebensdauer ermöglicht.
Durch die klare Orientierung des Gebäudes und die einfache Geometrie kann die Sonnenenergie als wichtiger Bestandteil des Energiekonzepts genutzt werden. Während die Nordseite weitgehend geschlossen bleiben kann, sind im Süden hohe solare Gewinne über Fassadenöffnungen, sowie Photovoltaik- und Solarthermiemodule (hoher Warmwasserbedarf für Duschen, etc.) auf dem Dach möglich.
Für die Energiegewinnung wird ansonsten eine Hackschnitzelheizung vorgeschlagen, die durch die vorhandenen Gebäudlichkeiten und Gerätschaften prädestiniert ist. Monolithische Bodenplatten aus geglättetem Stahlbeton sowie Nutzestriche können für die Gebäudetemperierung genutzt werden.
Nahezu sämtliche Bauteile sind so verbaut, dass sie wieder voneinander getrennt und weiterverwertet werden können.
Dafür, dass dieser Fall nicht zu bald eintritt, sorgt vor allem aber die funktional durchdachte und baulich hochwertige Architektur, die das Gebäude zum Aushängeschild der Gemeinde Eching machen wird.