Besucher- und Bildungszentrum UNESCO-Geopark Muskauer Faltenbogen

Bad Muskau

offener Wettbewerb
mit Ludivine Gragy

2021



1. Ensemble und Hierarchie
Das Schlossensemble im Muskauer Park ist in sich klar differenziert: Während das alte Schloss noch im Bezug zum Markt steht, ist das neue Schloss auf die Weite des Parks ausgerichtet. Das Kavalierhaus wiederum liegt beinahe versteckt in einem Ring aus Bäumen.
In dessen Rücken wiederum liegt das neue Besucher- und Bildungszentrum. Seine Haltung ist trotz seiner öffentlichkeitswirksamen Funktion respektvoll und introvertiert.
Es zieht seine Qualität aus der Sensibilität gegenüber dem Park und seinen dadurch umso wirkungsvolleren Innenräumen.

2. Einfügung und Form
In der Volumetrie nimmt der neue Gebäudekörper eine antithetische Haltung zum neuen Schloss ein.
Er ist zum einen in der Höhe sehr begrenzt im Gegensatz zum hoch aufstrebenden Schloss. Zum anderen erhält er in der Auseinandersetzung mit dem geschützten Baumbestand und der Verbindung mit dem Kavalierhaus eine konkav geschwungene Fassaden-Kontur. Diese kann so in Dialog mit den konvexen Formen von Schloss und Umfeld treten und dem großen Volumen Identität und Maßstab verleihen.

3. Außen und Innen
Die touristische Außenwirkung des Gebäudes bzw. seines Inhalts verlangen bei allem Respekt vor dem Kontext nach einer gewissen architektonischen Präsenz und einem unverwechselbaren Charakter.
Aus den Anforderungen des Umfelds und der Konstruktionsweise entwickelt sich eine Gebäudeform, die das große Volumen in zahlreichen Schwüngen bricht. Nach außen hin wird es so maßstäblich in seinen sensiblen Kontext einpasst, nach innen entstehen stimulierende Ausstellungsräume.
Das große Thema des Hauses, der Muskauer Faltenbogen, schwingt stets spürbar auch in seiner Gestalt mit.

4. Programm und Erlebnis
Die Typologie ist an klassische Ausstellungsgebäude angelehnt und schließt das Kavalierhaus in eine ringförmige Anlage mit ein. Die Abfolge der Räume bildet einen spannungsvollen Rundweg um den zentralen Hof mit der Tertiär-Bepflanzung. Diese erhält die maximal mögliche Wuchshöhe durch die Absenkung des Geländeniveaus.
Sowohl die Besucher als auch das Gartenpersonal erhalten den Zugang zum bzw. vom Park über eine Geländemodellierung, die den Park gewissermaßen ins Gebäude hineinfließen lässt.

5. Konstruktion und Nachhaltigkeit
Standort und Thematik des Hauses laden zu einer besonderen Konstruktionsweise ein.
Schon in den Bodenproben eines ersten Baugrundgutachtens werden die ausgedehnten Tonschichten sichtbar. Zusammen mit den ebenfalls vorhandenen Sand- und Kiesvorkommen werden sie zu einem wunderbaren Baumaterial: Stampflehm.
Aus dem Aushub der Baugrube werden die Außenwände des Hauses. Diese Technik ist erprobt und setzt ein Ausrufezeichen in Sachen Nachhaltigkeit.
Das geologische Grundthema wird über die Konstruktionsweise subtil erlebbar.