„Heilig Abend“

Staatstheater Nürnberg

Regie: Mirjam Loibl
Bühne und Kostüm: Maximilian Hartinger
Lichttechnik: Florian Kenner
Dramaturgie: Sascha Kölzow
Fotografie: Konrad Fersterer

2019



High Noon an Heilig Abend: Ein Ermittler und eine Terrorverdächtige, Professorin für Philosophie, sitzen sich im Verhör gegenüber. Er hat nur begrenzte Zeit, von ihr zu erfahren, wo sie eine Bombe gelegt hat, denn um Mitternacht wird sie explodieren. Aber: gibt es diese Bombe wirklich? Und ist die Verdächtige tatsächlich schuldig oder werden wir Zeugen eines Akts staatlicher Willkür? In Daniel Kehlmanns Theater-Duell zwischen einer linksradikalen Systemkritikerin und ihrem unberechenbaren Vernehmer geht es um Terror, um Ausmaß und Berechtigung staatlicher Überwachung und um die Frage nach der Vereinbarkeit von Freiheit und Sicherheit.
(Programmheft)

Das Stück ist untertitelt mit „Ein Stück für zwei Schauspieler und eine Uhr“. Diese Uhr hat vor allem die Funktion, die zeitliche Drucksituation zu verstärken, die auch in Bezug auf Raum, Figuren und thematischen Hintergrund besteht.
Die Uhr kann aber auch als Metapher gelesen werden für die Situation, in der sich die beiden Protagonist*innen mitsamt ihrer Weltanschauungen gegenüberstehen. Sie versinnbildlicht das Ablaufen eines systematischen Prozesses, der ungeachtet von kalendarischen Besonderheiten (Heilig Abend) oder persönlichen Motivation der Protagonist*innen abläuft.
Die Uhr wird als kühle und mechanische Siebensegmentanzeige dargestellt und bildet in ihrer Übergröße gleichzeitig den bespielbaren Raum. Er wird durch seine Kanten definiert, die aber im Hintergrund bleiben und lediglich bei Beleuchtung klar sichtbar sind.
Neben der Anzeige der Zeit kann dieser Leucht-Apparat aber auch zahllose geometrische Formen, Symbole und Lichtsituationen erzeugen. Räumliche und inhaltliche Dynamiken sowie (wechselnde) Verhältnisse zwischen den Protagonist*innen können so dargestellt werden.

„Die ziemlich gut gedachte Bühne von Maximilian Hartinger ist ein Käfig. Offen nach allen Seiten zwar und doch ein Ort, an dem man klaustrophobische Zustände bekommen kann, zeigt sie an der Rückseite des Gestänges eine elektronische Uhr. Sekunde für Sekunde kann man hier die Zeit beim Vergehen ablesen: von 22.45 Uhr bis null Uhr, gnadenlos. Und manchmal zittert diese Zeit. Als wollte sie stehen bleiben, rückwärts gehen, vielleicht auch davonrennen, das alles hier beenden.
Hartinger hat dem Stück "Heilig Abend" von Daniel Kehlmann, das Mirjam Loibl jetzt in der 3. Etage des Nürnberger Schauspielhauses inszenierte, einen Kammerspiel-Rahmen gegeben, der perfide ist und irritiert. Denn die zwei Schauspieler, die darin agieren, sind ebenso die Eingeschlossenen wie auch die Freien, ihnen steht es offen zu gehen und es gibt doch keinen Ausweg für sie.“
(Nürnberger Nachrichten)