St. Oswald Turmhäuser
2019
1. Vorüberlegung
Schon ganz zu Beginn ist uns aufgefallen, dass es nicht ganz klar ist, wie die neuen Häuser für den Pausnhof heißen sollen. Ein Wort wie „Chalet“ verbindet man nicht unbedingt mit dem Bayerischen Wald, vielleicht auch, weil es etwas zu vornehm oder kitschig klingt.
Wenn man sich ansieht, was als „Chalet“ verkauft wird, bemerkt man schnell, dass es sich dabei um relativ gewöhnliche Wohnungen handelt. Sowohl Ausstattung und Einrichtung, als auch die Grundrisse lassen sich kaum von den Umgebungen unterscheiden, in denen die potentiellen Gäste sonst ihr Leben verbringen. Vielleicht ist noch ein bisschen Altholz an Wände und Decken geschraubt, aber ansonsten könnte man sich auch in einer Stadtwohnung oder einem Einfamilienhaus im Neubaugebiet befinden.
Weitere Versprechen entpuppen sich ebenfalls als nicht ganz zutreffend: Ruhe und Abgeschiedenheit erlebt man bei einem Abstand zur Terrasse des Nachbarn von nur ein paar Metern nicht wirklich. Ebensowenig die Erfahrung eines „echten“, ursprünglichen Ortes, das vermeintliche „Dorf“ ist meistens eine recht zufällige Anordnung. Der „See“ ist eher ein Teich und das „Baumhaus“ identisch zu den anderen, nur auf dicken Balken drei Meter über dem Boden stehend.
2. Ort
Der Pausnhof bietet als Umgebung für einzelne (Ferien-)Häuser ganz andere, bessere Möglichkeiten: Seine Lage in der Landschaft ist ohnehin privillegiert, Ruhe, Besonnung, Ausblicke sind großartig.
Außerdem verfügen die ausgedehnten Grundstücke über Qualitäten, die selbst im Bayerischen Wald meist schon zerstört sind: Sie weisen noch die lanschaftlich-räumliche Gliederung der ursprünglichen Kulturlandschaft auf. Die Nutzbarmachung der Flächen führte zu einer leichten Terrassierung der Topografie, Steine wurden aus den Feldern entfernt, auf die Grenzstreifen gelegt und dort mit der Zeit von Sträuchern und Bäumen überwachsen.
Aus den bloßen Feldern und Wiesen entstanden so Räume, im wahrsten Sinne des Wortes. Beim Durchwandern entstehen Bewegungsrichtungen, Ausblicke, Ruheorte, Begrenzungen, Durchgänge, und vieles mehr.
Diese große Qualität gilt es zu würdigen und Attraktion für den Gast herauszuarbeiten: Ein Biohotel in einer intakten Landschaft.
3. Einfügung
Die Landschaft braucht die neuen Häuser nicht unbedingt, die Häuser die Landschaft aber dringend. Sie müssen und wollen sich deshalb bestmöglich einpassen und die Gelegenheiten ausnutzen.
Die natürlichen Barrieren im Gelände (Feldraine: Böschungen, dichter Bewuchs) sind die perfekten Standorte dafür, aus mehreren Gründen:
a. Es gibt eine Dramaturgie von Ankommen und Betreten auf der Hangseite/Nordseite/Rückseite, wo der Weg schon teilweise verläuft. Man durchschreitet Rain und Haus und blickt auf der gegenüberliegenden Seite ohne Begrenzung in die Ferne.
b. Um gut in die Raine hineinzupassen sind die Häuser schlank und hoch, wie die Raine selbst. Dies hebt den Gast vom Boden ab und gewährt ihm so die bestmögliche Privatsphäre. Vielleicht denkt er sogar, er wäre der einzige Gast.
c. Von oben aus seinem Fenster sieht er in die Baumkronen oder weit in die Ferne, statt auf die Einfamilienhäuser der Nachbarn und die anderen Feriengäste.
d. Dadurch, dass es Vorder- und Rückseiten gibt (siehe a.), können die mehrere Häuser ohne gegenseitige Einblicke entstehen.
e. Die Häuser sind im Inneren kompakt. Bei gleichbleibender Größe von Mensch und Öffnung erscheint das Außen damit umso wirkungsvoller.
f. Durch ein räumlich komples Inneres erscheint das Haus größer als es vielleicht ist. Man kann verschiedene Situationen erleben, sich aus dem Weg gehen.
g. Dadurch, dass die Häuser in die Raine integriert sind, nehmen sie sich gegenseitig wenig wahr. Vielmehr erlebt man die unterschiedlichen Zonen des Bewuchses: Bodenbereich (dicke Stämme, gedämpftes Licht), Mittelzone (dichter, grüner Bewuchs) und Krone (viel Licht und Ausblick).
Es ist gut möglich, zehn Standorte mit unterschiedlichen Qualitäten zu finden. Diese unterschiedlichen Qualitäten sind kein Makel, sondern ein zusätzlicher Reiz.
4. Außenräume
Einige Dinge wären abgesehen von der sensiblen Einfügung der Häuser noch von Vorteil, vor allem das Freihalten des Areals vom Autoverkehr. Vielleicht gibt es außerhalb kleine Parkplätze, jeweils einen für die untere und obere Reihe. Angesichts der Zielgruppe kann man davon ausgehen, dass ein Rucksack/Koffer einhundert Meter zum Haus getragen (oder auf einem kleinen Wagen gezogen) werden kann, die meisten Häuser sind ohnehin auf sehr kurzem Weg zu erreichen.
Die teilweise durchbrochenen Feldraine sollten zur Stärkung des Gesamtkonzeptes soweit möglich wieder „geflickt“ werden, wenn nicht anders möglich (im Bereich der Photovoltaikanlage) auch mit niedrigerem Bewuchs.
Sofern neben den geschilderten Qualitäten weitere nötig sein sollten, so bieten hierfür vor allem die Quellen im östlichen Bereich des Geländes großes Potential.
In diesem Bereich könnten besondere Aufenthaltsorte in Verbindung mit dem Wasser geschaffen werden. Angesichts der topografischen Verhältnisse (Höhenunterschiede) sollten sie sensibel in die Landschaft eingearbeitet werden.
Nicht die Größe dieser Elemente ist entscheidend sondern viel mehr die Nutzung (Baden, Fischen, Kneippen, Eislaufen, Abkühlen, Hören, ...), die Gestaltung, die (natürliche/„glaubhafte“) Einfügung und Synergie mit der vorhandenen Kulturlandschaft.
5. Haus
Das Haus hat durch seinen Standort ideale Voraussetzungen. Eine qualitätvolle Architektur verstärkt diese noch optimal und verschafft dem Gast ein besonderes räumliches Erlebnis.
Die regionaltypische Bauweise der Waidlerhäuser birgt dafür vielleicht ein besonderes Potential, jenseits von sonst oft üblichen Verzierungen und viel wirkungsvoller. Der Blockbau (oder eine ähnliche Bauweise) bietet die Möglichkeit, Körper mit einer skulpturalen „Tiefe“ auszubilden.
Seine ausgreifenden Eckverbindungen und Auskragungen schaffen Räume zur Zugänglichkeit (von Innen und Außen), zum geborgenen Aufenthalt bzw. zur „Verzahnung“ mit den Bäumen. Das Prinzip des Schichtens steckt schon im Holz selbst und schafft eine eigene Ornamentik für die Häuser.
Ähnlich einem Baum gibt es einen inneren massiven (Versorgungs-)Kern aus Beton (oder sogar Stampflehm?), darum herum ist das massive Holz geschichtet.
Über einen kleinen Steg betritt man das Haus vom Hang her, es gibt Stauräume, eine versteckte Toilette, eine kleine Küche, die in einen zum Unterholz ausgerichteten Sitzplatz übergeht, der wiederum in eine Treppe übergeht. Langsam bewegt man sich schon nach und nach aufwärts.
Dann öffnet sich schon der größere Wohnraum mit dem Blick nach Süden und zwei verschiedenartigen Liegeflächen, von denen eine auch als Ausweichbett gebraucht werden kann. Der Wohnraum geht in eine leicht erhöhte Schlafecke über, die wiederum in die Bäume blickt und von diesen geschützt ist. Kern des Wohn- und Schlafbereichs ist ein großer Kaminofen.
Um diesen herum bewegt man sich weiter aufwärts und erreicht den Bad- und Saunabereich. Im Betonkern befindet sich hier eine von oben belichtete Dusche, darum herum ein Waschtisch, eine intime Sauna und ein geborgener kleiner Pool (oder Zuber) mit Panoramausblick.
Tritt man nach außen, so kann man über eine Treppe die Dachterrasse erreichen, auf der man sich unter dem weiten Himmel in den Baumkronen befindet.